Selbstbewusstsein als Fundament

Friseur sein ist kein Ponyhof

Selbstbewusstsein muss trainiert werden

Training für Friseure, Azubis, Jungfriseure, Altfriseure, Teilzeitfriseure, Friseurunternehmer

Achtung: dies ist ein Artikel nicht nur für Chefs. Er ist gedacht für alle Friseure, Azubis, Jungfriseure, Altfriseure, Teilzeitfriseure und natürlich für Friseurunternehmer!  Vielen Friseuren geht´s deshalb nicht besser, weil sie als Unternehmer zu bescheiden und als Kundenberater zu ängstlich sind. sagt Hannes Friedl, Friseurcoach und Unternehmensberater.


Haben Sie sich schon einmal überlegt, warum Kunden zum Friseur gehen? Vielen von Ihnen ist das egal. Einige von Ihnen wählen den handwerklichen Gedanken: die Haare müssen ab und Ihr Job ist es, sie abzuschneiden. Einige wenige von Ihnen stehen auf den menschlichen Ansatz: die Kundin sieht komisch aus, fühlt sich mit ihrer alten Frisur, dem Ansatz und dem „Vileda- Wischmop" auf dem Kopf nicht mehr wohl und beschliesst deshalb, einen Besuch bei Ihnen zu buchen. Dabei hat sie ihr Spiegelbild oft tagelang zuhause schon ausgiebig genossen und findet es inzwischen so richtig furchtbar. Nicht so, wie einige Wochen vorher, als sie gerade bei Ihnen war und vergnügt, oder zumindest zufrieden in den Spiegel gesehen hat und sich freute über den schönen Schnitt und die tollen Strähnen. Jetzt, sechs, acht Wochen später ist davon nicht mehr viel übrig. Vorher präsentierte sie stolz ihre neue Frisur ihren Freundinnen, heute versteckt sie sich unter einer Mütze oder legt sich den schal nicht nur um den Hals, sondern gleich noch um den Kopf- nur damit keiner den Ansatz sieht und die gesplissten Spitzen... So handelt ein Mensch immer dann, wenn er etwas an sich hat, das ihm so überhaupt nicht gefällt. Und wenn einem etwas nicht gefällt, dann fühlt man sich auch nicht gut.

 

Eine Frage der Einstellung

Mit diesem angeschlagenen Selbstbild bucht sich die Kundin dann bei Ihnen ein. Im Anmeldebuch steht das, was ihr beim Blick in den Spiegel am meisten auffällt- negativ natürlich! Es ist praktisch eine Handlungsanweisung für Sie beim späteren Besuch bei Ihnen. Die Frage, die sich nun stellt: wie kompetent ist denn dieser „Kundenwunsch" zu sehen? Ist das, was im Anmeldebuch steht, die ganze Wahrheit? Kennt sich die Kundin wirklich so gut aus, dass sie Ihnen als Friseur wirklich diktieren kann, was Sie in den folgenden Stunden beim Besuch nun zu tun haben? Die Handwerker unter Ihnen werden sagen: ja klar, Haare ab und ich habe meinen Auftrag erfüllt. Der Nihilist, und gerade unter Mitarbeitern gibt es viele unter Ihnen, wird sagen, dass ihm das völlig egal ist, ob die Kundin mit Zusatzleistungen noch besser aussehen könnte... Diejenigen, die ihren Job aber auch emotional verstanden haben, so richtige Herzblutfriseure also, die werden an dieser Stelle abwinken und anmerken, dass es um viel mehr geht, als nur darum.

 

Der inkompetente Kunde

Denken Sie ernsthaft, dass ein Kunde heute dasselbe weiß wie Sie? Dass er sich auch nur im Entferntesten vorstellen kann, welche Möglichkeiten ein Friseur hat, um einen Kunden schön zu machen? Denken Sie wirklich, ein Kunde weiß Bescheid, wieviel verschiedene Farbnuancen ein Friseur zur Verfügung hat, um Strähnen zu machen? Meinen Sie wirklich, ein Kunde wüsste im Entferntesten, wie gut er aussehen könnte, wenn er Sie einfach mal machen lassen würde? Ok, schaut man sich in den Fussgängerzonen um und den Leuten auf die Köpfe, dann wünschte man sich, Kunden würden ihre Friseure mehr diktieren, aber wir reden ja hier von Geschmack und gutem Aussehen... Ich sage Ihnen: Kunden haben eigentlich nur einen Wunsch: sie wollen nach ihrem Besuch bei Ihnen viel besser aussehen, als vorher. Sie haben in letzter Instanz entweder gar keine Ahnung, von dem , was Sie so alles können oder maximal Halbwissen und das ist ja bekanntlich gefährlich. Kundinnen haben vor ihrem Besuch bei Ihnen die Hoffnung, dass Ihnen diesmal etwas ganz besonderes einfallen möge. Aber Ihre Kunden sind völlig inkompetent! Wie kann es sonst kommen, dass so manche dicke, schwitzige blonde Frau mit weißer Haut und blauen Augen zu Ihnen kommt, Ihnen ein Foto von Jennifer Lopez auf die Ablage legt und sagt: So möchte ich gerne aussehen! So tritt also folgende Situation ein: eine zu allem entschlossene Frau mit dem Wunsch, so richtig toll auszusehen trifft auf eine Friseurin, die sich dessen nicht bewusst ist. Eine Schönheitsspezialistin, die viel mehr weiss, als sie denkt. Eine Handwerkerin, die gut ausgebildet in der Lage wäre, aus jedem Menschen das Beste rauszuholen, egal was er auch immer als Grundlage mitbringt. Einen Menschen, der gerade deshalb Friseur geworden ist, weil er besondere Leidenschaft für die Schönheit hat und gelernt hat, diese auch zu produzieren. Einen Friseur, der zwar die handwerklichen Grundlagen kennengelernt hat, aber meist nicht die menschlich emotionalen. Dieser Kunde trifft auf einen Menschen, der zu wenig verdient, dem jahrelang erzählt wird, dass er zu dumm ist, etwas Gescheites zu lernen und der effektiv kein Geld hätte, um sich eine Frisur für 150 Euro zu kaufen, geschweige denn Shampoo und Pflege dazu für 50 Euro.

 

Mut zur Veränderung - Kundenveränderung

Und so wird dann beraten. Der Berater, der häufig daran denkt, dass er keine Kohle hat und sein Kunde bestimmt auch nicht, trifft auf einen Kunden der so richtig toll aussehen möchte, aber auch überzeugt werden mag. Die Katze im Sack kauft schließlich keiner! Das Anmeldebuch gibt hier einen Hinweis auf die Minimalanforderung, aber nicht auf alles. Das Ende vom Lied: es wird das gemacht, was dort steht, mehr aber nicht und wenn die Kundin dann mal etwas Neues haben möchte, dann muss sie ihren Friseur wechseln, obwohl der eigentlich tolle Ideen hätte, sich aber nicht traut, die auch zu erzählen. Schade eigentlich! Dass beim Überzeugen, also beim Widerspruch oder Nachfragen des Kunden die Beratung eigentlich erst losgeht, das hat in der Berufs- oder Meisterschule jeder verschwiegen, denn hier macht man ja auch nur seit Jahren den selben Job.

 

Ihre Position als Friseur und Mensch

Was mich so wundert, ist die Tatsache, dass Sie, liebe Friseure, bereits in der Ausbildung so wenig darauf hingeführt werden, wie wichtig Ihre Position als Mensch für Ihre Kunden ist. Sie sind es, die den Menschen ein dickes Lächeln ins Gesicht zaubern können, wenn Sie Ihre Arbeit voller Begeisterung tun und Spaß daran haben, aus Ihren Kunden besondere Menschen zu machen. Sie sind es, die den Menschen Selbstvertrauen geben, weil Sie sie besonders schön machen. Sie sind es, die mit einer einzigartigen Fähigkeit und viel Vorstellungsvermögen diese Forderung ihrer Kunden erfüllen können. Was mich so ärgert, ist die Tatsache, dass so viele von Ihnen so viele Ausreden suchen, warum Sie sich nicht besser ausleben. Manchmal ist es die schlechte Zeit, manchmal die schlechte Wirtschaftslage, berechtigtermaßen oft die schlechten Chefs und so viel mehr. Dabei geht es bei Ihrer Arbeit um all das gar nicht. Es geht nur darum, aus hässlichen, unglücklichen Kunden mit seinem eigenen Talent schöne und glückliche zu machen. Wenn das nicht cool ist! Diejenigen unter Ihnen, die das erkannt haben, nämlich dass es ausschließlich um Sie selbst geht und um die Art, wie Sie Ihr Talent präsentieren und um Kunden, die schon lange mit dem normalen nicht mehr zufrieden sind, die sind erfolgreich. Diese Friseure müssen auch nicht groß darüber nachdenken, ob sie nun genug verdienen, oder nicht. Diese Leute haben Spaß am Machen. Ohne Für und Wider! Und diese Friseure verdienen auch weit besser als andere.

 

Geld kommt zu dem Friseur, der es verdient

Diejenigen, die erst verdienen wollen und dann sagen, dass sie ihr Talent dann schon auch mal zeigen werden, wenn sie erstmal Geld bekommen, sind meist gerade die, die gar kein Talent besitzen. Freuen Sie sich also über Ihre Fähigkeiten als „Glücklichmacher" und überschätzen Sie keinesfalls Ihre Kunden. Denken Sie nicht daran, was sich Ihre Kunden vielleicht leisten können und was nicht. Es würde Sie erschrecken, wie viel Geld die meisten Ihrer Kunden zur Verfügung haben. Und bitte tun Sie mir den Gefallen: überlegen Sie bei jedem Kunden, was Sie tun können, um ihn so richtig toll aussehen zu lassen und nicht nur ein bisschen besser. Das wäre der erste Schritt zur tollen Friseurkarriere. Suchen Sie sich vorerst keine Ausreden, warum dies oder jenes nicht gehen kann. Machen Sie einfach! Legen Sie Ihren festgerosteten Hebel um und geben Sie Gas! Nach ein paar Monaten „Machen" ohne groß zu denken, werden Sie feststellen, dass Ihr Umsatz gewaltig gestiegen ist und dann geht das Verdienen los.

Ja, Friseur sein ist kein Ponyhof, aber es ist ein Beruf in dem man immer noch Tolles erreichen kann, wenn man einfach TUT. Es ist eben ein Handwerksberuf und kein Denkwerksberuf. Und schon gar kein Beruf für Langweiler und Angsthasen. Sitzen Sie also nicht wie die Häschen vor der Schlange, sondern wie erwachsene, begeisterte, talentierte junge Menschen, die Spaß haben, an dem was Sie tun. Glauben Sie mir: Ihre Kunden merken das und werden so von der wilden Python zu einem kompletten Streichelzoo, der dringend Ihre Hilfe braucht, weil er sonst ein Leben lang aussieht wie Jennifer Lopez vor ihren zahlreichen OPs.

Viel Spass dabei und herzlichen Gruss,

 

Ihr Hannes Friedl

 

 

 

 

 

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