Selber Schuld Salonchef

Ein offener Brief an einen Friseurchef

Menschen- und Unternehmensführung

Wenn die Einstellung auf dem Nullpunkt ist

 

Liebe C, kannst Du dich noch erinnern, wie Du warst, als du Dein Geschäft eröffnet hast? Du warst so voller Tatendrang, hast Dich gefreut, warst aufgeregt und bist vor Energie fast geplatzt. Dein Adrenalinspiegel war täglich am Anschlag, wenn Du den Schlüssel umgedreht hast morgens. Du sahst blendend aus und der viele Stress war Dir kaum anzusehen. Freude pur! Das ist jetzt einige Jahre her. Und Dein Unternehmerleben hat Dich geformt. Um nicht zu sagen „geschliffen". Heute hast du Ränder unter den Augen. Du hast Angst vor der Post - es könnte eine Mahnung drin sein. Der Blick auf Deine Kontoauszüge treibt Dir Schweissperlen auf die Stirn und Deine schlechten Mitarbeiter haben längst das Kommando über Dich und Deinen Laden übernommen. Du kannst dich an Deine Anfangszeit kaum noch erinnern, denn die Welt schien so rund und bunt und Du so voller Kraft, als könnte Dir nie im Leben etwas passieren. Als würde die ganze Welt nur darauf warten, dass Du endlich Dein Geschäft aufmachst. Nun wartest Du täglich schon darauf, dass wieder etwas passiert. Kunden, die ihre Termine kurzfristig absagen, Mitarbeiter, die wie gerädert in die Arbeit kommen, weil sie tags zuvor bis in die Puppen zuhause Deinen Kunden die Haare geschnitten haben.

 

Kritische Momente des Unternehmerlebens

Deine Einstellung ist auf dem Nullpunkt und es stellt sich heraus, dass Dein ehemaliger Chef doch nicht so daneben lag, als er behauptet hat, alle Mitarbeiter wären Pfeiffen. Fällt Dir eigentlich nicht auf, auf welchem Weg Du gerade bist? Siehst Du nicht, dass Dir damals, als Du Dein Geschäft gegründet hast, der Erfolg zugeflogen ist, als wärst Du unbesiegbar und Du jetzt, nachdem Dich die ersten Schwierigkeiten eingeholt haben, alles nur mit den Augen Deiner letzten Wochen siehst? Schade, denn Du warst damals auf dem richtigen Weg. Du hast Optimismus ausgestrahlt, Freude und jede Menge Spass. Und genau das hast Du auch geerntet. Getreu dem Lebensgesetz: Was Du ausstrahlst, das ziehst Du auch an. Nun aber misst Du alles mit den Problemen der letzten Monate - und ziehst die viel größeren, viel schöneren und viel besseren Momente Deines Unternehmerlebens damit in den Dreck. Heute strahlst Du Missmut aus, Pessimismus und Unglauben an Deinen Weg. Und erntest dabei genau, was Du säst. Ich würde Dir so gerne helfen, aber in Deinem Herzen ist soviel Nebel und Du bist so undankbar gegenüber allem um Dich herum, dass Hilfe fast unmöglich ist.

 

Prinzipien der Menschenführung

Die Menschen, die Du am meisten kritisierst, haben Dir jahrelang geholfen, Deinen Betrieb aufzubauen. Die Mitarbeiter, mit denen Du am unzufriedensten bist, hast Du jahrelang so schlecht geführt, dass sie nun nur noch ihren Job machen, weil ihre Stimme und ihr Enthusiasmus sowieso nicht gehört werden. Das, was Du in guten Momenten, ohne nachzudenken und Struktur aus der Kasse oder vom Konto genommen hast, tut Dir im Moment am meisten weh. Ja, Du hast Deinen Erfolgsweg verlassen. Du denkst schlecht, weil Du, bewusst oder unbewusst, so viele Fehler gemacht hast, dass es Dir im Moment nicht gut geht. Und Du handelst schlecht, weil Du so schlecht denkst. Dabei wäre es so einfach für Dich, den Erfolgspfad wiederzufinden. Du müsstest Dir nur mal in Ruhe überlegen, woran´s wirklich gelegen hat in den letzten Monaten. Und dabei die Schuld nicht überall anders suchen, statt bei Dir. Ja, Du bist selber Schuld. Klingt blöd, ist aber so.

 

Die Einsicht, selbst der Schuldige zu sein

Und so viel Kraft liegt in diesem Satz: „Ich bin immer selber Schuld." Er könnte Dir so helfen. Er bedeutet: „Ich mache meine Fehler selbst." Aber auch: „Ich kann mir selbst meine Lösungen erschaffen." Die Einsicht, selbst der Schuldige zu sein, ist eine derart große Chance, Dein Leben wieder selbst zu gestalten, dass es für Dich wahrscheinlich der schnellste Weg aus Deiner Krise ist. Es fängt nur beim Denken an: Hast Du Deinen Mitarbeitern immer gezeigt, wie stolz Du auf sie bist und wie glücklich Dich ihre Unterstützung macht? Nein? Selbst schuld! Nun finden Sie, Du bist undankbar und geizig. Hast Du jemals daran gedacht, dass ein Unternehmen zu gründen nicht heißt, das Doppelte zu verdienen und die Hälfte zu arbeiten? Nein? Selbst schuld! Nun ist Dein Konto in den Miesen und Du bekommst vor lauter Rechnungen kaum noch Luft. War Dir jemals bewusst, dass Dich das, was Du in der Meisterschule hättest lernen können, vor dieser Krise, in der Du heute steckst, hätte bewahren können? Nein? Selbst schuld. Nun stehst Du vor einer Herausforderung in Deinem Unternehmerdasein und weisst so wenig, wie Dein Geschäft geht, dass Dir nicht bewusst ist, wo Du nun anpacken musst, damit es viel schneller wieder aufwärts geht. Selbst Schuld!

 

Erfolge in der beruflichen Laufbahn

Du bist aber auch an den Erfolgen selbst schuld, die Du in den ersten Monaten Deiner Selbständigkeit hattest. Du bist auch selbst Schuld an den vielen tollen und gelungenen Frisuren, die Du in den letzten Monaten trotz Krise auf die Köpfe Deiner Kunden gezaubert hast. Du bist auch selbst Schuld an Deiner Mitarbeiterauswahl. Daran, dass Du tolle Menschen um Dich geschart hast, die zu Beginn Deiner Selbständigkeit Deine Träume teilten und mit Dir zusammen ihr Glück suchen wollten... Deine Krise, liebe C., hat nur einen einzigen Sinn: Dich wieder an die Grundfesten Deines Ichs, Deines Erfolgs und Deiner Stärken zu erinnern. Und daran, Dich aufzurütteln und Dir zu verstehen zu geben, dass Du aufhören musst mit Deinem Schlendrian, Deiner Faulheit und Deinen überzogenen Erwartungen an andere. Diese Zeit könnte die wichtigste Deines Lebens werden. Sie zeigt Dir das, was du bist, ungeschönt. Sie schmiert Dir keinen Honig um den Mund wie Dein Lieferant oder Banker, wenn´s läuft. Sie zeigt Dir Deine Schwächen, aber auch Deine Stärken. Und davon, sich zu kennen, davon profitiert man sein ganzes Leben.

So fang doch einfach mal bei Dir an: Denk zurück an die vielen wunderbaren Momente, die Du in Deinem Geschäft mit Deinen Mitarbeitern verbracht hast. An die Flaschen Prosecco, die Ihr gemeinsam geköpft habt, damals, als nicht aus Frust, sondern als Belohnung, getrunken wurde. Lächle beim Gedanken an die vielen kleinen Fehler, die das Leben Dir noch durchgehen ließ, weil es Dich liebt. Und dann sei dankbar. Dankbar für Dein Leben, für Deine Mitarbeiter, für Deinen Laden, für Deinen Banker, der Dir mit seinen Ermahnungen hilft, wieder zu Dir zu kommen. Dankbar für die Azubis, die zu spät kommen und Dich an Deine schlampige und inkonsequente Führung erinnern. Dankbar für die Mitarbeiter, die Dich mit jedem Monat, den sie unter Sollumsatz arbeiten, daran erinnern, dass du ein Auge auf sie wirfst und Ihnen täglich dabei hilfst, besser zu werden. So ist es an der Zeit, liebe C., nun endlich in den Spiegel zu gucken und dabei nicht die kleinen Fältchen zu zählen, sondern auf den „Kerl" dahinter.

 

Das Wissen über die Betriebsführung

Musst Du nicht über Dich selbst lachen beim Gedanken an Deine Schlamperei in den letzten Monaten und dem Gedanken, dass das ewig so weitergeht? Ein klein wenig schon, gell. Ok, wenn Du Dir Deine Undankbarkeit, dass immer alle anderen Schuld an Deiner Misere sind, vergeben hast, dann kann´s losgehen: Schämst Du Dich, dass Du Deinen Mitarbeitern nicht immer wieder genau gesagt hast, was Du von Ihnen willst? Gut! Dann weißt Du, was du in Zukunft tun wirst. Entschuldige Dich gefälligst und sag, was Du willst! Denn Du bist an deren Erfolg in der Zukunft selber Schuld! Hast Du ein schlechtes Gewissen Deinem Banker gegenüber, weil Du ihm versprochen hast, er bekommt Geld? Fein! Dann wirst du nicht mehr viermal die Woche Essen gehen und den nächsten Urlaub streichen. Dann bist Du selber Schuld, wenn auf einmal zweitausend Euro mehr auf der Habenseite stehen! Fühlst Du dich schlecht beim Gedanken an Deinen Partner, der immer alles abbekommen hat und eigentlich garnichts dafür konnte, weil Du selber Schuld warst an Deiner Situation? Klasse! Koch ihm was Feines, sag „Schatz, ich liebe Dich so sehr. Verzeih mir bitte! Ich verspreche, es geht jetzt aufwärts." Und schon bist Du an dem was dann folgt auch noch selber Schuld! Ist das nicht ein einziger Traum, immer selber Schuld zu sein? Man kann so vieles auf einmal bestimmen im Leben.

Weißt Du zu wenig, wie man Deinen Betrieb führt? Super! Dann bilde Dich weiter oder hol Dir jemanden, der Dir hilft. Dann bist Du an dem darauffolgenden Erfolg selber Schuld! Akzeptiere all das, was Du anderen in die Schuhe schiebst als Chance und Lösung für Dich selbst. Freu Dich über alles, was Dir passiert, denn Du kannst es für Dich nutzen. Liebe Dein Leben als Friseur, als Chef und zuallererst als Mensch, dann hast Du wieder die Leidenschaft gefunden, die Dich auf Deinen Erfolgsweg zurückschießt wie ein Torpedo. Und hör nicht auf, Dein Leben selbst zu leben, statt es in die Hände anderer zu geben. Dann bist Du wieder dort, wo Du und andere wieder etwas anfangen können mit Dir.

Auf Dich wartet das Glück, liebe C. Abholen musst Du es aber schon selbst!

Herzlichen Gruss,

Dein Hannes

 

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