7. Wertermittlung für Kaufobjekte

Jedes Friseurgeschäft ist ein Solitär . Wenn zu Wertermittlungsformeln mit Substanz- und Ertragswert zum Schluß ein ideeller Wert dazugerechnet wird, ist die Frage berechtigt, was die ganze Rechnung soll.

Wertermittlung für Kauf eines bestehenden Friseursalons

Wertermittlungsformeln mit Substanz- und Ertragswert versus ideeller Wert

Jedes Friseurgeschäft ist ein Solitär (Einzelstück). Wenn zu Wertermittlungsformeln mit Substanz- und Ertragswert zum Schluß ein ideeller Wert dazugerechnet wird, ist die Frage berechtigt, was die ganze Rechnung soll. Es gibt keine genaue Wertermittlungsmöglichkeit, sondern eine Abschätzung einer ganzen Reihe von Faktoren, die den Wert eines Friseurgeschäftes ausmachen.Entscheidend ist, daß der Zukunftswert und nicht der Gegenwartswert oder Vergangenheitswert abzuschätzen ist. Der Zukunftswert kann aber nur dadurch abgeschätzt werden, daß die Vergangenheit {in die Zukunft) interpoliert (weitergerechnet) wird. Dabei gilt aber die sogenannte "ceteris paribus-Klausel". Das ist die Annahme, daß sich die Einflußgrößen auf den Geschäftswert nicht wesentlich ändern. Wenn sie sich ändern, muß möglichst genau abgeschätzt werden, welche Auswirkungen das haben kann. Das wichtigste, was sich ändert, ist, daß das Geschäft einen neuen Chef bekommt. Es wird von dem neuen Chef immer stillschweigend unterstellt, daß er es besser macht als der alte. Das ist aber überhaupt nicht das Problem. Das Problem ist, daß er vieles anders machen will und dabei automatisch unterstellt, daß es besser ist. Beim Geschäftswert unterscheiden wir zwischen Substanzwert und Ertragswert. Der Substanzwert ist der Tageswert der Einrichtungs-gegenstände und Vorräte. Aus der Bilanz ist der Substanzwert nicht abzulesen, weil aus steuerlichen Gründen anders abgeschrieben werden kann oder muß als es dem tatsächlichen "Werteverzehr" (so lautet der Fachausdruck) entspricht. Einrichtungen z.B. werden in sieben Jahren steuerlich abgeschrieben. Ich habe drei Jahre alte Einrichtungen gesehen, die habe ich gedanklich sofort voll abgeschrieben, aber auch zehn Jahre alte, also voll abgeschriebene Einrichtungen, die noch mindestens fünf Jahre akzeptabel sind.

Merke: wenn Sie ein Geschäft mit allen Aktiven und Passiven kaufen, haben Sie auch die Mitarbeiter übernommen.

 

Verkaufsware und Verbrauchsware

Erhebliche Werte können auch in den sofort voll abschreibbaren geringerwertigen Wirtschaftsgütern stecken. Das Warenlager, das meistens gesondert gezahlt werden muß, sieht in der Bilanz auch oft ganz anders aus als im Keller. Der Wert des Warenlagers ist nur durch eine Bestandsaufnahme des Käufers festzustellen. Tip: das Lager in zwei Teillager aufteilen. Der eine Teil ist die aktuelle Verkaufsware und Verbrauchsware, die zum tatsächlichen Nettoein-kaufspreis übernommen wird, der andere Teil sind Lager- und Laden-hüter, die nur mit erheblichen Abschlägen oder überhaupt nicht übernommen werden sollten. Aus dem Gesagten wird deutlich, daß der Substanzwert nicht so eine objektive Rechengröße ist, wie das oft dargestellt wird.


Noch schwieriger ist der Ertragswert zu ermitteln.

Es gibt eine amerikanische Faustregel:
Ertragswert = Gewinn der letzten fünf Jahre.

Das hat bei Kleinbetrieben auch so seine Tücken. Zunächst müssen wir vom betriebswirtschaftlichen Gewinn ausgehen, also dem steuerlichen Gewinn abzüglich kalkulatorischer Kosten. Wird ein angemessener kalkulatorischer Meisterlohn angesetzt, bleibt meistens kein betriebswirtschaftlicher Gewinn übrig. Nur bei GmbH's ist das anders zu rechnen; da steckt das Geschäftsführergehalt - ob angemessen oder unangemessen, das muß geprüft werden - schon im Personalaufwand. Meistens ist der "versteuerte" Gewinn nicht die ganze Wahrheit. Es liegt in der Natur der Sache, daß die volle Wahrheit meistens nicht herauszubekommen ist. Es ist schon fast wieder verdächtig, wenn ein Verkäufer im Stadium der Verhandlungen allzu freimütig über die tatsächlichen Umsätze spricht, die wesentlich höher sein sollen als in der Buchhaltung ausgewiesen. Ich denke mir immer meinen Teil, wenn ich in Verkaufsanzeigen lese: "Versteuerter Umsatz ...". Ich habe nicht selten erlebt, daß Friseure freiwillig oder gezwungenermaßen in den letzten Jahren vor dem Geschäftsverkauf steuerehrlicher geworden sind. Nach jahrelanger Stagnation oder Umsatzrückgang stieg da auf einmal wieder der Umsatz bei unverändertem oder rückläufigem Personalstand. Das kann aber auch Folge einer "Abmelkphase" sein, in der nichts mehr investiert wird. Es ist ganz wichtig, sich Umsatzentwicklung und Kostenstruktur (aktive Kosten!) sehr genau anzusehen.

 

Tatsächlichen Kaufpreis

Der langen Rede kurzer Sinn: In den seltensten Fällen ergibt die Berechnung des Ertragswertes nach der Formel "durchschnittlicher betriebswirtschaftlicher Gewinn der letzten fünf Jahre" einen Wert, der dem Geschäftswert, und damit dem tatsächlichen Kaufpreis, nahekommt.

Die Formel:
Ertragswert + Substanzwert + ideeller Wert

zur Ermittlung des Kaufpreises, die in der Literatur genannt wird, ist in der Praxis selten mit relevanten Zahlen zu füllen. Deshalb ist es am einfachsten, Umsatz zu kaufen. 40% vom Jahresumsatz ist oft ein realistischer Wert, mit Zuschlägen und Abschlägen nach einem von mir entwickelten Verfahren. Es bleibt dabei: Auf dem Markt werden nicht Werte bezahlt, sondern Preise. Die richten sich nach Angebot und Nachfrage. Da aber öfters nach einem "neutralen Schiedsspruch" für Verkäufer und Käufer gefragt wird, habe ich dafür ein Bewertungsverfahren für den Zukunftswert eines Geschäftes ermittelt.

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