8. Richtiges Verhalten nach Geschäftsübernahme

Verändern Sie etwa ein halbes Jahr nichts! Dieter Schneider

Übernahme eines etalbierten Friseursalons

Was passiert nach der Geschäftsübernahme? Was ist die beste Verhaltensweise?

Richtiges Verhalten nach Geschäftsübernahme? Der wichtigste Rat, den ich immer wieder jungen Friseuren gebe, wenn Sie das Geschäft gekauft haben, ist: Verändern Sie etwa ein halbes Jahr nichts! Damit sichern Sie das, was da ist. Wenn klar ist, was zu erhalten sich lohnt (Kunden, Mitarbeiter, Einrichtung, Arbeitsmethoden, Produkte) und was sich nicht lohnt, ist es Zeit, die Dinge zu ändern, die zu än-dern sind. Da gilt das bekannte Gebet:
Herr gib mir die Kraft, Dinge zu ändern, die zu ändern sind, die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die nicht zu ändern sind und die Weisheit, das eine vom anderen gut zu unterscheiden. Junge Friseure machen oft den Fehler, nach dem Kauf eines Geschäftes sofort alles neu und anders machen zu wollen. Sie verlieren damit schneller die bisherigen Mitarbeiter und Kunden als sie neue gewinnen können. Es ist nicht verkehrt, bei Geschäftskauf vorher schon einige Monate mitzuarbeiten oder aber den bisherigen Inhaber nach dem Kauf noch eine Weile mitarbeiten zu lassen. Selbst wenn eine Lieferfirma den Kauf finanziert oder aber aus anderen Gründen der feste Vorsatz besteht, den Lieferanten zu wechseln, sollte sich der Käufer Zeit mit der Umstellung bei den Produkten lassen. Das gilt vor allem für die Haarfärbemittel. Die Übernahme eines Geschäftes ist wie eine Beförderung eines Managers und dessen Wechsel zu einer anderen Firma zugleich. Wenn ich empfehle, ein halbes Jahr nichts wesentlich zu ändern, dann teile ich diese Zeit noch einmal in 2 x 100 Tage. Die ersten hundert Tage dienen dem Aufbau von Vertrauen, Kompetenz und Glaubwürdigkeit bei Mitarbeitern, Kunden und sonstigen Interessenpartnern des Unternehmens. Sie sind das, was in anderen Bereichen Einarbeitungszeit genannt wird. Bei neuen Geschäften gibt es keine Einarbeitungszeit.

 

Übernahme bestehender Mitarbeiter

Da gilt oft: Du hast nur eine Chance für den ersten Eindruck! Es ist meistens ein nicht wieder gutzumachender Fehler, als junger Friseurmeister den Mitarbeitern, die übernommen wurden, gleich zu sagen, wo es langgeht. Beobachten, fragen, lernen, das sind die Arbeitsschwerpunkte in den ersten 100 Tagen. Große Aktionen führen in dieser Zeit oft zu dem, was im Sport Frühstart und damit Fehlstart genannt wird. Alles was getan wird - bisheriges und neues - muß unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gestellt werden. In dieser Zeit müssen mehr die Stärken als die Schwächen herausgefunden werden, die des Teams aber auch die eigenen sowie die des bisherigen Unter-nehmenskonzeptes.
In dieser Zeit müssen auch die besten Leute herausgefiltert werden. Die besten können solche sein, deren Ist-Können noch nicht sehr groß ist, die aber lernwillig und entwicklungsfähig sind. Auf einen Teil der Mitarbeiter (möglichst mehr als die Hälfte) sollten Sie zählen können, mit allen müssen Sie aber rechnen. Wichtig ist es, nicht nur "Verstärker" zu suchen, also solche Mitarbeiter mit ähnlichem Können und Wollen wie der Chef selber, sondern "Ergänzer" auf Gebieten, in denen der Chef schwächer ist. Dabei keine Angst vor starken Leuten! Schwache Chefs sind häufig daran zu erkennen, daß sie keine starken Mitarbeiter um sich dulden; selten bewußt, viel häufiger unbewußt.

 

Aufbau eines Netzwerkes

In den ersten 100 Tagen sollten auch die wichtigsten Außenkontakte geknüpft werden. Nach den ersten 100 Tagen sind auch noch keine Entscheidungen notwendig. Jetzt sollte die Phase der konkreten Entscheidungsvorbe-reitungen beginnen. An der Vorbereitung der Entscheidungen sind die Mitarbeiter, eventuell auch die Kunden und andere Interessenpartner zu beteiligen, nicht aber unbedingt an den Entscheidungen. Diese Unterscheidung ist für junge Friseure besonders wichtig. Junge Friseure als Jungunternehmer haben eine Zeit lang zum "Matratzenmanagement" hin tendiert, d. h. bei nächtelangen Diskussionen mit dem Team wurden die Entscheidungen gemeinsam getroffen. Das ist basisdemokratischer Firlefanz, der in einem Wirtschaftsuntemehmen selten funktioniert. Ich habe häufiger beobachtet, daß das dann in einem Frust für alle Beteiligten endete und das Pendel dann ins andere Extrem, den autoritären Führungsstil, umschlug.

 

Anforderungen an die Mitarbeiter

Nach den ersten 100 Tagen sollte jedem Mitarbeiter gesagt werden, welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Es muß z.B. konkret gesagt werden: Wenn Sie 3.000,- EURO verdienen wollen, erwarte ich 10.000,- EURO Umsatz. Die Erwartungen müssen hoch angesetzt werden, weil sie später leichter zu senken sind als hochzuschrauben. Die nächsten drei Monate sind dann die "Probezeit", an deren Ende auch Trennung von Mitarbeitern stehen muß, die nicht mitziehen wollen.


Und noch ein abschließender Tip:
Kein schlechtes Wort über den bisherigen Inhaber, auch wenn manches Unerfreuliche herauskommen sollte. Wer jetzt sagt: Das mache ich alles ganz anders und schaffe sofort "Klarschiff, sollte die Alternative "Neueröffnung" ins Auge fassen und die Finger von "gebrauchten" Geschäften lassen. Ich habe junge kaufwillige Friseure öfter gefragt:
Können Sie ein halbes Jahr in dem Geschäft als neuer Chef arbeiten, ohne gleich extrem viel zu ändern? Wenn die Antwort "nein" war, habe ich gesagt: Dann kaufen Sie es nur, wenn Sie einen tollen Standort und die Räume zu günstigen Bedingungen haben können und in Kauf nehmen wollen, daß das Personal und die Kunden weitgehend wechseln.


Dieser Beitrag ist wahrscheinlich für Existenzgründer, die ein Geschäft übernehmen wollen, der wichtigste.

 

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