59. Durch Motivation zur Leistung?

Von vielen Seiten wird dem Friseurchef gesagt, daß es seine wich­tigste Führungsaufgabe sei, seine Mitarbeiter zu (mehr) Leistung zu motivieren.

Die Führung von Mitarbeitern

Motivation ist nicht die Aufgabe eines Friseur-Unternehmers

Von vielen Seiten wird dem Friseurchef gesagt, daß es seine wich­tigste Führungsaufgabe sei, seine Mitarbeiter zu (mehr) Leistung zu motivieren. Das erscheint in unserer „Leistungsgesellschaft" selbst­verständlich, und trotzdem ist es ein fragwürdiger Denkansatz, der zu falschem Tun führen kann. Sowohl das Wort Motivation als auch das Wort Leistung ist schil­lernd und mehrdeutig. Befassen wir uns erst einmal mit dem Wort Motivation. Es ist lateinischen Ursprungs. Danach ist ein Motiv ein Beweggrund. In der Kriminalistik wird immer nach dem Tatmotiv gefragt! Das Wort Motivation wird nun verschieden gebraucht. Einer­seits gibt es die Eigenmotivation und andererseits die Motivation durch andere Menschen. Das ist eine höchst bedeutsame Unter­scheidung. Deshalb sollten wir besser von Motivieren sprechen, wenn wir die Fremdmotivation, z.B. zur Leistung, meinen. Ehe wir nun untersuchen, wie das Motivieren des Chefs zu mehr Leistung des Mitarbeiters führen kann, müssen wir aber auch noch das Wort Leistung unter die Lupe nehmen. Zunächst ist festzuhalten, daß Anstrengung noch nicht Leistung ist, so wie in der Physik auch Arbeit nicht gleich Leistung ist. Es gibt eine uralte chinesische Weisheit, die besagt:

Nichtstun ist besser als mit viel Mühe (Anstrengung) nichts zu schaffen (leisten)!

Das ist doch gerade die schlimmste Demotivierung, wenn ein Mensch trotz großer Anstrengung nichts Gescheites zuwege bringt. Der Mitarbeiter in einem Unternehmen glaubt doch, er würde für An­strengung bezahlt, das Unternehmen kann aber nur aus dem Ergeb­nis der Anstrengung, der Leistung (= Umsatz), bezahlen. Schon bei den Arbeitern im biblischen Weinberg hatten wir das The­ma. Die den ganzen Tag geschuftet hatten, wollten einen Lohn, der nach der unterschiedlichen Anstrengung differenziert werden sollte! Auch die Mitarbeiter in Friseurbetrieben wollen nach Anstrengung -besser gesagt Anstrengungsbereitschaft - bezahlt werden, solange der Leistungsbeitrag unzureichend ist. Ist der Leistungsbeitrag hoch, dringen sie auf eine Bezahlung, die am Leistungsbeitrag orientiert ist. Anstrengungsgerecht und leistungsgerecht ist ein himmelweiter Unterschied! Anstrengungsgerechte Bezahlung, die die Mitarbeiter gern hätten, ist aber sehr fragwürdig. Wenn das Können fehlt und/ oder die Leistungsvoraussetzungen schlecht sind, ist alle Anstren­gung vergebens. Eine Anstrengung, die sich nicht auszahlt, kann in einem Wirt­schaftsunternehmen auch nicht honoriert werden. Aus den Überlegungen ergibt sich schlüssig, daß ein Chef die Mitar­beiter mit Geld und guten Worten überhaupt nicht direkt zur Leistung motivieren kann, sondern nur zur Anstrengung. Höhere Anstrengung kann dann zu einem höheren Leistungsbeitrag führen, braucht es aber nicht. Auf den Leistungsbeitrag des Mitarbeiters hat nicht nur sein Leistungswille (besser: Anstrengungswille) Einfluß, sondern auch sein Können und die Leistungsvoraussetzungen, für die andere hauptverantwortlich sind.

 

Der Wille zur Anstrengung

An Können und Leistungsvoraussetzungen fehlt es in den meisten Friseurunternehmen zunächst mehr als am Willen zur Anstrengung. Erst permanente Defizite bei den betrieblichen Voraussetzungen und dem eigenen Können führen zu einer nachlassenden Motivation zur Anstrengung. Damit das nicht so abstrakt klingt: Fehlende Kunden sieht der Mitarbeiter als Defizit bei den betrieblichen Voraussetzun­gen an! Mangelndes Können als (negativen) Leistungsbeitrag ver­drängt er, falls es ihm je bewußt war. Die Verwechslung von Anstrengung und Leistung unterläuft aber nicht nur einfachen Arbeitern und Angestellten. Auch Manager und Unternehmer rechtfertigen höhere Einkommensansprüche oft mit 60-Stunden-Wochen und mehr, also mit purer Anstrengung. Das Schwierige ist nun, daß die Leistung des einzelnen schwerer er­kennbar und dem einzelnen zurechenbar ist als Anstrengung. In einem Automobilkonzern ist die Gesamtleistung des Unternehmens überhaupt nicht aufteilbar, auch wenn der Außendienst das glaubt. Im Friseurunternehmen scheint das leichter zu sein. Wenn ein Fri­seurgeschäft mit fünf „Umsatzmachern" zusammen 500.000,- Euro Umsatz erwirtschaftet und jeder dieser Friseure genau 100.000,- Euro davon erzielt, dann scheint alles klar zu sein. Das ist es aber nicht, denn es ist nicht nur die Leistung des Mitarbeiters, in diesen 100.000,- Euro steckt auch die Anstrengung anderer, z.B. der Rezep-tionistin, der Assistenten, des Chefs (der managt, führt, organisiert, ausbildet), der Putzfrau, der Produktlieferanten, des Werbegrafikers und vieler anderer Beteiligter an der Marktleistung des Unterneh­mens. Wenn die Leistung des Unternehmens gut ist, hat der Erfolg viele Väter, ist sie weniger gut, dann gibt es die gegenseitigen Schuldzuweisungen!

Die Marktleistung eines Unternehmens - ausgedrückt im Umsatz - ist unteilbar, in guten wie in schlechten Zeiten. Leistung ist immer gemeinsame Leistung.

Bei der Deckungsbeitragsrechnung haben wir gelernt, Gemeinko­sten (= gemeinsame Kosten) nicht mehr mit Hilfe von fragwürdigen Schlüsseln auf Kostenträger und Kostenstellen zuzurechnen. Dieses Denken müssen wir uns auch bei der Leistung (Umsatz) ange­wöhnen und den Umsatz eines Mitarbeiters nicht mehr als Einzelleistung sehen, sondern als Leistungsbeitrag (ähnlich dem Deckungs­beitrag in der Kostenrechnung). Unsere Ausgangsfrage: „Durch Motivation zur Leistung?" sollten wir nach diesen Erkenntnissen umformulieren in: Durch Motivieren des einzelnen Mitarbeiters zu mehr Anstren­gung bei der Arbeit und zu mehr Lernbereitschaft zu einem hö­heren Leistungsbeitrag kommen! Das ist eine Möglichkeit unter anderen! Wir können das tun. Die Fra­ge bleibt aber, wie wir es tun können und danach erst, ob wir es tun sollten.

 

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