63. Dienstleistungsdefizite

Dienstleistungsdefizite in Friseurunternehmen in zehn Schritten beheben. Ein Vortrag von Dieter Schneider

Dienstleistungsdefizite in Friseurunternehmen

10 Schritte um Dienstleistungsdefizite in Friseurunternehmen zu reduzieren

Unser Kundenbegriff geht sehr weit: Der Mitarbeiter ist z.B. Kunde (Interessenpartner) auf dem Arbeitsmarkt, der Liefe­rant Interessenpartner auf dem Einkaufsmarkt.

 

Kommunikation mit Kunden

1.     Den Kunden zum Sprechen bringen!

Viele Dienstleistungsdefizite entstehen, weil der Kunde

  • nicht deutlich äußert, was er will
  • sich nicht äußert, ob er zufrieden/nicht zufrieden/unzufrieden ist
  • uns oft nicht verrät, wie wir es besser machen könnten.

Zu allem können wir die Kunden „erziehen".

 

Kundenerwartungen

Dienstleistungsdefizite entstehen aber auch dadurch, daß wir zu wenig über Kundenerwartungen wissen.

2.     Wahrnehmen, was der Kunde braucht!

Qualität ist nicht, was der Kunde will, sondern, was der Kunde braucht. Das ist ein Riesenunterschied.

Ist eine Spätlese für 4,- Euro, die ein Kunde will, Qualität?

Oder sind  knallrote Wasserbälle in Größe von Tomaten für 99 Cent das Pfund im Supermarkt Qualität?

Ist eine qualitativ hochwertige Dauerwellbehandlung komplett mit Schnitt und Frisur für 49,90 Euro rentabel möglich? Nein, ist die klare Antwort.

Manchmal weiß der Kunde am besten, was er wirklich braucht, manchmal aber auch der Dienstleister. Den Beratungshande! unterscheidet von der Selbstbedienung, daß der Unterschied zwischen Kundenwille und Kundennutzen bearbeitungsfähig ist.

 

Qualitätsstandards definieren

3.     Nach formulierten Qualitätsstandards arbeiten!

Ein Friseurunternehmen arbeitet meiner Meinung nach mit un­gefähr 2000 bis 3000 Qualitätsstandards. Jeder Friseur arbeitet nach Qualitätsstandards, sie sind nur nicht schriftlich fixiert.

In dieser Beziehung arbeiten viele Friseure noch wie in der Stein­zeit, in der es außer der „Keilschrift auf sechs Ziegelstein" (so ein Studentenlied) nur mündliche Überlieferung gab. Übrigens wird das Geheimrezept von Jägermeister noch heute mündlich von einem einzigen Inhaber an den nächsten und vier katholische Priester überliefert. Friseure brauchen nun einmal diesen geistigen Beistand. Neulich las ich, daß zwei Manager der Zulieferindustrie in einer Fachzeitung unabhängig voneinander äußerten, daß Dienstleistungsqualität nicht zu standardisieren sei. Sie irren gewaltig, die Dienstleistungsqualität läßt sich stan­dardisieren und messen (siehe Kunstturnen und Eiskunst­laufen), jedoch ist es nicht sinnvoll, Einheitsstandards für alle zu machen. Musterstandards sind etwas ganz anderes. Sie sollen helfen, eigene Standards zu entwickeln. Ohne solche Muster ist das nicht leicht und sehr zeitaufwendig. Da sind die Musterstandards eine wertvolle Hilfe für jeden Friseur, unabhängig davon, bei wem erkauft.

Beispiel für einen Musterstandard:

„Wir sprechen jeden Besucher unseres Geschäftes innerhalb von einer Minute an."

Das ist präzis, „Kunde" wäre z.B. falsch, weil einem Besucher nicht anzusehen ist, ob er Kunde, Lieferant oder Räuber werden will. Ich habe schon tolle Dinge erlebt, wenn ich mit einer Akten­tasche in der Hand unangemeldet bei einem Friseur reinge­schneit bin. Mikado-Standard: „Wer sich als erster bewegt, hat verloren" und wer will schon gerne Verlierer sein.

 

Generelle Arbeitsanweisungen

4.    Nach   generellen   und   individuellen   Arbeitsanweisungen (WIE) arbeiten!

Generelle Arbeitsanweisungen sind die Ausführungsbestimmun­gen für die Gesetze. In der Sprache des Qualitätsmanagements sind die Standards im Lastenheft festgehalten, Arbeitsanweisungen im Pflichten­heft. VW z.B. sagt dem Scheibenwischerhersteller in einem dicken Lastenheft, was für ein Scheibenwischer gewünscht wird, der  Scheibenwischerhersteller macht dann das Pflichtenheft. Zum Friseur kommt kein Kunde mit einem Lastenheft. Gottseidank, denken Sie vielleicht; ich sage leider, denn deshalb müssen Sie mühsam erarbeiten, was die Kunden generell wollen. Individuelle Arbeitsanweisungen sind etwas anderes. Sie sind nötig, wenn Arbeit delegiert wird von dem, der die Dienstleistung mit dem Kunden verabredet hat.

Das kann sein:

  • Die Rezeptionistin, die die „Bestellung" telefonisch aufgenom­men hat.
  • Der Berater, der die Ausführung an jemand anderen überträgt (so arbeiten häufig Ärzte).
  • Der Friseur, der einem Assistenten bestimmte Arbeiten über­trägt.
  • Der Friseur, der seine Urlaubsvertretung regelt.

 

Mitarbeiter Training

5.    Güteklassenbewußt trainieren und lernen!

Je höher die Spielklasse, um so intensiver muß das Training sein. Was glauben Sie, was ein Bundesligatrainer seinen Spie­lern sagt, wenn die meinen, die Pflichtspiele, die Freundschafts­spiele und ein paar Trainingsspieichen seien Training genug? Genau das meinen die meisten Friseure, wenn sie sagen, die tägliche Arbeit wäre Training genug. Güteklasse (fünf Sterne z.B.) ist nicht gleich Qualität. Güteklas­se ist der Qualitätsanspruch, und an dem muß sich das Training orientieren. Weder der Gesellen- noch der Meisterbrief ist eine Freistellungs­bescheinigung von Training und Schulungen. Schon allein deshalb, weil mehr für die Schule bzw. die Prüfung als für das Le­ben gelernt und geübt wird.

 

Kommunikation

6.     Qualitätsarbeit bekanntmachen!

Hier ist das Motto: Tue Gutes und rede darüber.

Dem Kunden muß gesagt werden:

  • Wir haben Qualitätsstandards, an denen Du uns messen kannst.
  • Wir trainieren und lernen viel, um diese Standards zu halten.
  • Wir versorgen Dich mit Rat und Tat (Produkten), damit Du mit
    dem Ergebnis unserer Dienstleistung viel Freude hast.
  • Du  bist als Kunde bei kundennahen Dienstleistung für die
    Dienstleistungsqualität mitverantwortlich.

Entscheidend ist das wahrgenommene Preis-Leistungsverhält­nis. Die Preise werden spätestens an der Kasse wahrgenom­men, die Leistung auch?

 

Definition der Qualität

7.     Qualität verabreden!

Es wurde schon gesagt: Qualität ist noch nicht, was der Kunde will. Qualität ist aber auch nicht, was der Fachmensch meint. Qualität ist, worauf sich beide einigen. Einigen bedeutet nicht nur, sich auf den Standpunkt des anderen zu begeben. Es bedeutet nicht nur, sich auf dem direkten Weg zwischen den zwei Standpunkten zu treffen, sondern vor allem: Einen neuen gemeinsamen Standpunkt suchen. C.F. v. Weizsäcker sagt: Objektiv ist, worauf sich Subjekte einigen können. Qualität ist folglich, worauf sich Dienstleister und Kunden einigen können. Entscheidend ist das geklärte Einver­ständnis, ehe die Arbeit ausgeführt wird.

Vor stillschweigendem Einverständnis kann nicht eindringlich ge­nug gewarnt werden.

 

Lieferung der Qualität

8.     In allen Bereichen Qualitätsarbeit leisten!

Damit ist gemeint: Ständig an der Qualität arbeiten und ständig qualitativ gut arbeiten. Qualitativ gut arbeiten: Alle Beteiligten machen ständig alles Richtige richtig. Dabei ist das Falsche richtig zu machen viel gefährlicher, weil der Friseur es nicht als falsch empfindet.

Mit „allen Bereichen" ist gemeint: Auf der Bühne Bei Begrüßung, Beratung, Behandlung, Betreuung und Verab­schiedung. Hinter der Bühne und vor und nach der Veranstaltung. Auch für Aus- und Weiterbildung Personalarbeit Organisation Mitweltschutz

 

Management ist Qualitätsarbeit

Prof. Malik sagt: Total Quality Management ist wichtig, aber Total Management-Quality ist zehnmal so wichtig. Qualitätsarbeit gefällt mir besser als Qualitätsmanagement, weil letzteres so klingt, als ob dafür nur das Management zuständig ist.

 

Salonkunden zu Mitarbeitern

9.    Den Kunden zum freien Mitarbeiter entwickeln!

Beim Qualitätsmanagement wird der Mitarbeiter als Kunde des Arbeitsplatzes gesehen. Der Umkehrschluß ist hochinteressant und war für mich umwerfend neu, als ich darauf gekommen bin: Den Kunden als Mitarbeiter sehen. Kundennahe Dienstleistungsqualität ist von der Kundenqualität abhängig. Wir müssen deshalb die Kundenqualifikation steigern, um die Dienstleistungsqualität zu verbessern. Sie müssen die Kunden trainieren, damit sie zu Hause mit Ihrer Dienstleistung gut umgehen. Wenn sie schlecht damit umgehen, senkt das die Dienst­leistungs-Qualität. Die Qualität der MARKTLÜCKE, einer echten Dienstleistung, hängt in jedem Einzelfall davon ab, was der Leser daraus macht. Die Qualität meines Vortrages hängt entscheidend davon ab, was Sie daraus machen. Ich bin für mein Lehren verantwortlich, nicht für Ihr Lernen. An Ihrem Lernerfolg kann ich aber die Qualität meines Vortrages abschätzen. Wenn die meisten von Ihnen jetzt nichts gelernt haben, war entweder mein Vortrag schwach oder ich war auf der falschen Party. Beides kann ich dann nicht mehr ändern, aber für die Zukunft Konsequenzen ziehen. Sie meinen jetzt, ich hätte nur über mich gesprochen? ich habe über Sie gesprochen. Wenn Sie sich beklagen, daß Sie mit Ihrer Dienstleistungs­qualität zu wenig Resonanz haben, sind Sie entweder falsch angezogen auf die Party gegangen oder Sie müssen auf eine andere Party gehen. Davon handelt der letzte Punkt. 

 

Qualitätsbewusste Kunden

10. Die Kunden qualitätsbewußter machen!

Das ist bei hohem Qualitätsanspruch die einzige Chance. Es gibt keine Möglichkeit, qualitativ anspruchslosen Kunden hohe Qualität zu verkaufen, ohne sie vorher anspruchsvoller zu ma­chen. Das ist jedoch nur in 1000 kleinen Schritte (KAIZEN) mög­lich. Es lohnt sich aber, dafür ein Konzept zu entwickeln. Du bist, was Du ißt (konsumierst). Das gilt auch für Dienstlei­stungsqualität. Wer beim „Output" hochwertige Dienstleistungs­qualität produzieren will, muß hochwertige Dienstleistungsquali­tät konsumieren, zum Beispiel solche Texte.

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