13-14. Der richtige Standort und Betriebsgröße

Der richtige Standort und Betriebsgröße ist für Geschäftsübernahmen und Neueröffnungen gleichermaßen wichtig.

Salon Standort und Betriebsgröße

Bei Geschäftsübernahmen und Neueröffnungen sind beide Faktoren wichtig

Bei Geschäftsübernahmen wird die Wichtigkeit aber oft unterschätzt. Der Wert eines Standortes kann sich mit der Zeit völlig ändern. Mit Kaufkraft-Analysen und Passantenzählungen allein ist es nicht getan. Problematisch ist es auch, die Anzahl der bereits vorhandenen Mitbewerber zur Bevölkerungszahl in Relation zu setzen. Ich habe es schon häufiger erlebt, daß sich Existenzgründer in Gegenden mit wenig und schwachen Mitbewerbern schwer getan haben, weil der Markt erst "entwickelt" werden mußte. Es gibt das Sprichwort: Wo Tauben sind, fliegen Tauben hin. Damit will ich sagen: Da, wo ein gut entwickelter Markt für Friseurdienstleistungen ist, die Kunden also häufiger zum Friseur gehen und ein gutes Preisniveau gewöhnt sind, ist es für Neueinsteiger oft leichter. Auch "überalterte Konkurrenz" sollte differenziert gesehen werden. Gerade das kann sich bei wirklich alten Geschäftsinhabern durch Geschäftsverkauf oder Übergabe sehr schnell ändern. Die ange-nehmste Konkurrenz sind noch gar nicht so alte Friseure, die geistig schon im Vorruhestand sind. Ähnlich sind Stars von gestern zu sehen, die ein Erfolgsbrett, das nur durch die Vergangenheit gerecht-fertigt ist, vor dem Kopf haben.


Dazu ein Tip:
Lassen Sie sich vor Geschäftskauf die Mitbewerber genau beschreiben. Wenn es angeblich keinen gleichwertigen Mitbewerber gibt, ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen.

 

Standortanalyse

Bei neuen Standorten ist eine Standortanalyse noch wichtiger. Sie hat aber andere Schwerpunkte, vor allem, wenn es sich um insgesamt neue oder umgestaltete Handels- und Dienstleistungsstand orte handelt. Ein tatsächlicher oder vermeintlicher Hinderungsgrund sind z.B. in Einkaufszentren die hohen Mieten.

Dabei ist aber folgendes zu überlegen

1. Wegen der Änderung der Dienstleistungsstruktur ist heute generell weniger Platz als früher notwendig, weil die Summe der Zeiten ohne konkrete Arbeit am Kunden geringer geworden ist. Benötigte früher eine Vollkraft in sogenannten Stoßzeiten drei bis vier
Behandlungsplätze, so sind heute zwei völlig ausreichend, im Extremfall sogar nur einer. Das kann bei reinen Herrensalons oder aber Schneidesalons für Männer und Frauen der Fall sein.

2. Je besser der Standort von der Besucherfrequenz her gesehen ist, um so geringer der Werbeetat und der Leerlauf. In guter Lauf läge und mit "anziehender" Ladenfront ist die Neukundenzahl so hoch wie sie an abgelegenen Standorten nur mit extrem guter Leistung
(Mundpropaganda) und gleichzeitig viel Werbung zu erreichen ist. Freilich sind Laufkunden oft genau so schnell verloren wie gewonnen.

3. Die Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten eröffnet in Lauflagen die Chance zu ausgedehnten Öffnungszeiten. In extrem guten Lagen sind dadurch Quadratmeter-Umsätze bis zu 1.000,- Euro im Monat möglich und damit auch Mieten bis 100,- Euro pro m2 im
Monat bezahlbar. Im Normalfall ist aber selbst in guten Lauflagen ab 50,- Euro pro m2 Vorsicht geboten und eine detaillierte Planung notwendig.

 

Standort und Mietgefälle

Insgesamt wird das Mietgefälle je nach Lage immer größer. Während in sogenannten Ia-Lagen (und zwar den aktuellen und nicht den historischen) der Vermieter sich die Mieter noch aussuchen kann, ist es in Nebenlagen genau umgekehrt. Ich empfehle, bei geplanten Neueröffnungen in einer Stadt nicht nur nach freien Ladenlokalen zu fragen, sondern auch Einzelhändler in Ib- oder Ila-Lagen zu fragen, ob sie nicht aufhören wollen.

Das empfehle ich aus zwei Gründen:
1. Ein Standort kann für einen Friseur noch hochinteressant sein, der für einen Einzelhändler nicht mehr attraktiv genug ist.

2. Viele Einzelhändler kommen nicht aus ihren Mietverträgen raus und trauen sich gleichzeitig nicht, aktiv Nachfolger zu suchen, weil das selten diskret zu machen ist.Insgesamt ist in den letzen zehn Jahren der Standort auch für Friseu¬re wieder wichtiger für den Geschäftserfolg geworden. Sicherheit in der Standortbeurteilung bekommt ein Existenzgründer nur durch den systematischen Vergleich mehrerer möglicher Standorte. Deshalb sollte er sich nicht zu früh auf nur einen festlegen.

 

Standortwahl aus Mitarbeiter-Sicht

In aller Regel wird der Standort nur aus Kundensicht analysiert. Dabei sollten aber die Mitarbeiter als Kunden des Arbeitsplatzes nicht ganz außer acht gelassen werden. Je größer die Stadt, desto leichter ist es, gute Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Junge Menschen zieht es stark in die Städte. Eine Bremse ist dann erst wieder in einigen Großstädten, wie z.B. in München, die wahnsinnig hohe Miete für eine kleine Wohnung, die mit dem Anfangsgehalt eines Friseurs nicht zu finanzieren ist. Ich habe großen Respekt vor Friseuren, die in der Nähe von Großstädten sehr gute Friseurgeschäfte aufgezogen haben. Die haben aber oft mehr Probleme, gute Mitarbeiter anzulocken als gute Kunden.

 

Mein konkreter Rat ist:
Schauen Sie sich vor allem den örtlichen Arbeitsmarkt an, ehe Sie eine Standortentscheidung treffen. Die schönsten Kaufkraftberechnungen und  Konkurrenzbeobachtungen zur einigermaßen sicheren Einschätzung des Nachfragepotentials nutzen wenig, wenn das Angebot nicht stimmt. Das Angebot hängt bei der "menschennahen" Friseurdienstleistung ganz entscheidend vom Menschen, also den Mitarbeitern ab.

 

Die optimale Betriebsgröße

Es gibt nicht die optimale Betriebsgröße, sondern nur optimale Be­triebsgrößen im Hinblick auf Unternehmenskonzept und Standort. Das Unternehmenskonzept ist wiederum abhängig vom Arbeitskon­zept des Unternehmers.

Mit dem Unternehmerkonzept ist die Frage gemeint: Wie will ich arbeiten?

Dabei sollte noch einmal unterschieden werden,

  • zunächst in der Startphase (.1 Jahr)
  • dann in der Aufbauphase (2, bis 5. Jahr)
  • später in der Konsolidierungsphase (6. bis 10. Jahr).

Naheliegend ist es, in der Startphase das Geschäft so zu planen und zu organisieren, daß 80% der Zeit für handwerkliche Arbeit zur Ver­fügung steht.

 

Jungmeister und Jungmeisterinnen

Ausnahme: Jungmeister und Jungmeisterinnen, die von Anfang an nicht als Handwerker, sondern als Manager ihres Geschäftes arbei­ten wollen. Für die ist der Meisterbrief nichts anders als die Lizenz zum Führen eines Friseurunternehmens. Jungen Existenzgründern rate ich von einem solchen Konzept in aller Regel ab. Ohne den eigenen Einsatz als Friseur ist es sehr schwer, mit fremden Kräften gleich eine Betriebsgröße - gemessen an Kundenzahl und Mitar­beiterzahl - zu erreichen, die einen ausschließlich als Manager arbeitenden Friseur ernährt. Fünf Vollkräfte sind die Untergrenze. Bei der Übernahme eines Geschäftes sieht die Sache etwas anders aus. Da kommt es sehr darauf an, wie der bisherige Inhaber gearbeitet hat. Nicht selten war er Manager. Gerade dann muß sehr gut überlegt werden, ob der Existenzgründer so weiterarbeitet wie der bisherige Chef - also überwiegend Manager ist - oder aber voll als Friseur einsteigt. Im letzteren Fall muß aber genau überlegt werden, wie die entstehende Managementlücke auszufüllen ist. Gerade für die Entscheidungsaltemative "Geschäftskauf oder Neugründung" ist die Überlegung: Wie will ich selber arbeiten?, eine Schlüsselfrage.

 

Konzentration auf das Management und Raumkapazitäten

Wer möglichst schnell einen großen Betrieb haben will, bei dem er sich auf Managementaufgaben konzentrieren will, sollte eher an Geschäftskauf als an Neueröffnung denken. Der Umkehrschluß ist: Bei Neueröffnung nicht zu groß, aber auch nicht zu klein anfangen. Wer ganz klein anfängt - das lehren mich meine konkreten Erfah­rungen - bleibt in aller Regel ganz klein. Damit meine ich vor allem Einzeikämpfer(innen) mit bestenfalls einer weiteren Kraft. Davon gibt es in Deutschland über 10.000! Wer zu groß anfängt, hat ganz andere Probleme. Bei Neueröffnungen bedeutet "zu groß" in aller Regel, zu große Fläche mit zu vielen Plätzen. Das bindet nicht nur sehr viel Kapital, sondern schafft noch andere Probleme. Am leichtesten sind die Probleme zu lösen, wenn für die große räumliche Kapazität auch genügend Personal zur Verfügung steht. Das ist meistens nicht der Fall. Ich habe immer wieder von jungen Existenz­gründern gehört: Der Salon muß groß sein, darin fangen wir erst einmal mit wenigen Mitarbeitern an und stocken dann das Personal mit steigendem Kundenzuspruch auf. Genau das funktioniert meistens nicht.In einem großen Raum mit wenigen Mitarbeitern entsteht sofort der berühmt berüchtigte "Gaststätteneffekt", den jeder kennt, der ein großes Lokal betritt, in dem sich nur wenige Gäste aufhalten. Das ist vor allem bei Neueröffnungen sehr problematisch, denn - wie schon gesagt - für den ersten Eindruck gibt es nur eine Chance.Die zu große Raumkapazität hat oft auch die Finanzen so stark beansprucht, daß kein Geld mehr dafür da ist, die Räume auch durch entsprechende Marketingmaßnahmen zu füllen.Selbst wenn der Kundenzuspruch da ist, wird es oft nicht leicht sein, am Arbeitsmarkt qualifiziertes Personal zu bekommen. Deshalb bin ich oft für "wachsen" in eine mittelgroße Raumkapazität, z.B. 70 m2 aktive Fläche und 10 Plätze. (Siehe dazu die "Bench­marks" bei Thema 9, die zeigen, daß mit 90 m2 380.000,- Euro Umsatz zu erreichen sind.) Bei geschickter Aufteilung des Raumes ist schon mit wenigen Friseuren und Kunden der Gaststätten-Effekt zu vermeiden. Das ist für mich eine der wichtigsten Anforderungen an eine Saloneinrich­tung.

 

Die Anzahl der Arbeitsplätze - Bedienplätze

Bei Einrichtungsplänen, die mir nicht gefallen haben, wurde mir vom Architekten gesagt: Der Friseur will unbedingt mindestens 15 oder 20 Plätze, das hat meinen Gestaltungsspielraum erheblich einge­schränkt. Einem Friseur, der unbedingt 20 Plätze bei einer Neueröffnung haben wollte, habe ich zwei Fragen gestellt:

  1. Brauchen Sie 20.000 Behandlungsfälle pro Jahr? (Bei einem Ge­mischtsalon ist das 500.000 Euro Dienstleistungsumsatz!)
  2. Haben Sie dafür rund 10 Friseure zur Verfügung?

Die Zahl der Plätze auf einer Fläche von 120m2 (die sehr hoch war) wurde sofort auf 13 reduziert! Bei der Wahl der Betriebsgröße sollte ein Existenzgründer auch gewisse Betriebsgrößenstufen im Auge haben, die der Gesetzgeber vorgibt, z.B.:

  • Ab 6 Mitarbeitern gilt das Kündigungsschutzgesetz, das praktisch
    ein Kündigungsentschädigungsgesetz ist.
  • Ab 12 Mitarbeitern muß eine Schwerbehinderten-Abgabe bezahlt
    werden, wenn keine Schwerbehinderten beschäftigt werden.

Mein abschließender Rat:

Fangen Sie bei Neugründungen am Anfang nicht zu groß (z.B. über 100 m2 aktive Fläche) und nicht zu klein (z.B. unter 50 m2 aktive Fläche) an. Nach meiner Erfahrung scheitert kein Friseur daran, daß er zu klein angefangen hat, aber mancher, der zu groß angefangen hat oder zu sprunghaft vergrößert hat, ist daran gescheitert.

Wer sofort groß anfangen will, sollte eher an einen Geschäftskauf denken.

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