15. Beruf und private Partnerschaft?

Für jeden Kleinunternehmer ist es eine Schlüsselfrage, ob sein Lebenspartner auch Geschäftspartner oder Mitarbeiterwerden soll.

Beruf und private Partnerschaft

Standort­entscheidungen sind weitgehend durch private Bindungen ge­prägt

Wenn ich etwas über unsere heutige zunehmend mobile Gesell­schaft lese, schüttele ich nur den Kopf. Ich stelle immer mehr eine Entwicklung zu wachsender Immobilität fest. Früher sind Menschen um die halbe Welt der Arbeit hinterhergezogen, heute sind Standort­entscheidungen bei uns weitgehend durch private Bindungen ge­prägt. Junge Friseure verpassen nicht selten unglaubliche Chancen, weil sie nicht zu einem Wohnortwechsel bereit sind. Das hängt natürlich auch mit der Verweiblichung des Friseurberufes zusammen. Junge Friseurmeisterinnen passen ihre Standortentscheidungen dem beruflichen Standort des Ehemannes oder sonstigen Partnern an. Wenn dann die Ehe kaputt ist, was statistisch nicht gerade un­wahrscheinlich ist, oder der Partner arbeitslos wird, was statistisch auch nicht unwahrscheinlich ist (weit über 10% aller Beschäftigten werden innerhalb eines Jahres statistisch arbeitslos), ist der be­rufliche Standort der Friseurmeisterin festgelegt. In den meistern Existenzgründer-Büchern oder Broschüren steht nicht, daß die private Partnerschaft eine Schlüsselrolle für den be­ruflichen Erfolg gerade von Jungunternehmern spielt. Dazu habe ich im letzten Jahr etwas in meinem Informationsdienst MARKTLÜCKE geschrieben:

Immer wieder ist bei dem Angebot von Friseurgeschäften zu lesen:

Besonders geeignet für Fachehepaare. Dazu habe ich einmal iro­nisch vermerkt: Einer allein schafft es nicht! Aber Spaß beiseite: Es wird meistens übersehen, daß für den geschäftlichen Erfolg eines Friseurunternehmens die private Partnersituation eine Schlüsselrolle spielt. Darüber gibt es keine mir bekannten wissenschaftlichen Unter­suchungen und auch keine konkreten Zahlen. Deshalb muß ich allein auf meine berufliche Lebenserfahrung zurückgreifen, wenn ich dieses Thema an dieser Stelle behandele.

Dabei muß ich gleich eine Einschränkung machen. Zwar werde ich oft als der Branchenkenner bezeichnet, ich kenne aber auch nur einen kleinen Teil der Branche ziemlich gut. Dieser kleine Teil ist noch nicht einmal repräsentativ für die gesamte Branche, sondern eher atypisch. Damit ist nun wiederum nicht die Unternehmensgröße gemeint, sondern die Geisteshaltung der typischen MARKTLÜCKE-Leser.

 

Für jeden Kleinunternehmer ist es eine Schlüsselfrage

Nun aber zum eigentlichen Thema: für jeden Kleinunternehmer ist es eine Schlüsselfrage, ob sein Lebenspartner auch Geschäftspartner oder Mitarbeiter (schon darin liegt ein Riesenunterschied) werden soll. Jede Existenzgründungsberatung sollte da einen Schwerpunkt haben. In früheren Zeiten gab es bei der Existenzgründung drei häufige Konstellationen: Entweder waren beide Friseur, oder er war Friseur und sie sattelte auf Friseurin oder Rezeptionistin um, oder sie war Friseurin, und er hatte einen anderen Beruf. Seltener war, daß der berufsfremde Mann zum Friseur umschulte. Durch die starke Ver-weiblichung des Berufes hat sich das sehr stark verschoben. Sowohl die Fachehepaare sind viel seltener geworden als auch die Kon­stellation: Er Friseur, sie steigt um und wird Rezeptionistin oder Fri­seurin. Die mit Abstand häufigste Konstellation ist heute: Sie ist Fri­seurin und er ist kein Friseur. Mit dieser Variante möchte ich mich jetzt vorwiegend beschäftigen. Auf Grund des sozialen Umfeldes, in dem sich junge Friseurinnen vor ihrer Berufswahl bewegt haben und sich danach auch meistens weiter aufhalten, haben sie oft Partner, die als "Helfer in Unter­nehmersachen" ungeeignet sind. Mit geregelter Arbeitszeit (35-Stunden-Woche) und garantiertem Lohn haben sie häufig wenig Ver­ständnis für die Extremsituation, in der sich junge Unternehmerinnen mit der Doppelbelastung Familie und Beruf befinden. Auch keine Hilfe sind oft Partner, die selber selbständig und mit ihrem Unternehmen schon überlastet sind. Wenn sie dabei auch noch viel mehr Geld verdienen als ihre Partnerin mit ihrem Friseurladen, ist es ganz aus. Es gibt aber auch andere. Die nehmen ihrer Partnerin das "Kauf­männische" ab, so daß die sich ganz auf das Fachliche konzentrieren kann. Unter diesen Männern gibt es ganz eingefleischte "MARKT-LÜCKE-Fans". Die sagen mir dann auch schon mal: Meine Frau meint, es reicht, wenn einer die liest! Meine Erfahrung ist, daß das nebenberufliche Management des Friseurgeschäftes der Partnerin meistens besser klappt als das hauptberufliche. Letzteres setzt näm­lich eine gewisse Unternehmensgröße voraus und auch einige Be­fähigung zum Managen. Wenn auch nur eines nicht vorhanden ist, besteht die konkrete Gefahr des "Prinzgemahls". Auch auf eine andere Gefahr sei noch hingewiesen. Manche der branchenfremden Männer glauben, daß sich der Erfolg ihrer Frau durch Filialisierung multiplizieren ließe. Einige nicht unbeträchtliche Pleiten in dieser Branche hatten ihre tiefere Ursache in diesem Irrglauben. Tendenziell neige ich dazu, einem branchenfremden Mann vom hauptberuflichen Einstieg in das Unternehmen seiner Frau abzuraten (wenn er nicht selber Friseur werden will). Da taucht natürlich fast zwangsläufig die Frage auf, woher denn die Friseurinnen die Männer nehmen sollen, die zwar ihren eigenen Beruf haben und trotzdem noch die notwendige Zeit, Fähigkeit und Motivation, ihren Frauen nebenberuflich zu helfen? Die Fehler werden schon im Vorfeld gemacht. Die Friseurinnen legen sich einfach bei der Wahl ihres ersten Lebensgefährten zu früh fest.

Der Friseurberuf hat zwei Besonderheiten, die in diesem Zusammen­hang wichtig sind:

In diesem Beruf können die Menschen aus ihrem bisherigen sozialen Umfeld nach oben ausbrechen, d.h. Kontakte mit Menschen aus anderen sozialen Schichten knüpfen, zu denen sie sonst kaum Zu­gang haben.

Der Friseurberuf ist ein Beruf, in dem sich die Menschen durch den täglichen Umgang mit interessanten Menschen weiterentwickeln können. Wenn dann noch breit angelegte Weiterbildung dazukommt, entwickeln sich Friseure oft zu Menschen mit viel Lebensklugheit. (Im Grunde sind es diese Menschen, die mich immer fasziniert und in der Branche gehalten haben.) Die Kehrseite der Medaille ist aber nicht selten, daß der Partner zu Hause "stehenbleibt", wenn sich junge Friseurinnen weiterentwickeln. Die Konflikte sind dann vorprogram­miert.

 

Deshalb ist mein sehr ernstgemeinter Rat an junge Friseurinnen und Friseure:

Legt Euch nicht zu früh bei privaten Bindungen fest und bezieht später bei der Partnerwahl die jeweilige berufliche Situation mit ein! Wenn aber die private Entscheidung schon gefallen ist, wägt das berufliche Miteinander sorgfältig ab und hört auf Menschen, die sich auf Grund ihrer Lebenserfahrung in diesen Dingen auskennen.

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