Wirtschaftskrise im Friseurmarkt England

Haarschnitt und Föhnen im eigenen Garten? Der Wandel der Friseursalons

Timothy David, ein prominenter Haarstylist, entschied sich nach jahrelanger Arbeit an Filmsets für einen eigenen Salon. Doch statt eines herkömmlichen Geschäftslokals in der Einkaufsstraße, wählte er einen stilvollen, restaurierten Airstream-Anhänger von 1969. Diesen platzierte er in einer Londoner Wohnsiedlung und schuf dort ein einladendes Ambiente mit Bücherregalen und Grünpflanzen. Während Kunden sich die Haare schneiden lassen, können sie Gin Tonic, Pizza oder Burritos genießen.

Mit 33 Jahren ist David nur einer von vielen Stylisten, die sich für alternative Salonkonzepte wie mobiles Frisieren oder gemütliche Saloneinrichtungen in Gartenhütten, Dachböden oder sogar Esszimmern entscheiden. Er hat bereits Stars, wie Gillian Anderson, frisiert.

Überraschend ist, dass die Anzahl der Salons in Großbritannien im letzten Jahr drastisch um 527 sank. Dies ist der größte Rückgang seit einem Jahrzehnt. Nun zählt man nur noch 17.517 Friseursalons in den Hauptstraßen, das sind 1.500 weniger als noch vor zehn Jahren. Viele mussten wegen angesammelter Schulden aus der Pandemie, hohen Nebenkosten und selteneren Kundenbesuchen schließen.

Eine aktuelle Umfrage der National Hair and Beauty Federation (NHBF) enthüllte, dass fast die Hälfte der Salons nicht sicher ist, ob sie das Ende des Geschäftsjahres erreichen werden.

Instagram ist mittlerweile gefüllt mit Bildern von Stylisten, die malerische Ecken am Ende ihres Gartens in Mini-Salons verwandelt haben. Dieses hyperlokale Konzept trifft besonders bei Heimarbeitern ins Schwarze, die sich rasch einen Haarschnitt zwischen zwei Videocalls gönnen möchten.

David äußerte sich zu diesem Trend: "In traditionellen Salons fühlt man sich oft kreativ eingeschränkt. Wir sehnen uns nach Freiheit in unserer Arbeit."

Lucy Stainton von der Local Data Company bestätigte, dass die Kombination aus sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten viele Stylisten dazu bringt, innovative Konzepte abseits der klassischen Salons zu entwickeln, um qualitativ hochwertige, aber dennoch erschwingliche Dienstleistungen anzubieten. Viele Stylisten haben die Branche bereits verlassen. Seit 2015 sank ihre Anzahl um beeindruckende 26.000 auf unter 160.000. Viele Saloneigentümer berichten auch von Rekrutierungsschwierigkeiten, da die Flexibilität der Heimarbeit für viele Stylisten verlockend ist. Erstaunlicherweise waren 2021 bereits 64% der Friseure freiberuflich, im Gegensatz zu 39% im Jahr 2006.

 

Cally Borg, eine ehemalige Salonfriseurin, verwandelte 2019 ihr Esszimmer in Reigate, Surrey, in einen eigenen Salon. Ihr Ziel: flexibler für ihre Familie da zu sein. Borg meinte: "In einem klassischen Salon waren die Arbeitszeiten extrem lang, die Bezahlung nicht zufriedenstellend und die Flexibilität fehlte. Jetzt arbeite ich vier Tage die Woche und genieße meine Abende und Wochenenden."

Trotz ihres Erfolges und der Tatsache, dass sie bereits Stars wie Amber Le Bon und Billie Piper gestylt hat, bemerkt Borg, dass das Stigma, Heimschnitte seien minderwertig, langsam verschwindet. Ein interessanter Aspekt ist jedoch die Mehrwertsteuer. Viele Friseurgeschäfte registrieren sich nicht für die Mehrwertsteuer, was auf steigende Kosten und sinkende Kunden zurückzuführen sein könnte. Doch viele Salonbesitzer haben eine andere Theorie.

Toby Dicker, Besitzer mehrerer Salons in Kent, vermutet dahinter Steuervermeidung. Seiner Meinung nach fördert der aktuelle Mehrwertsteuersatz von 20% auf Einkommen über £85.000, dass nicht alle Einkünfte angegeben werden. Der Verband fordert eine Senkung der Mehrwertsteuer für Friseurdienstleistungen auf 10% und eine Reduzierung der Schwelle auf etwa £35.000. Die Präsidentin der NHBF, Amanda Lodge-Stewart, betonte, dass es für traditionelle Salons immer schwieriger wird, da viele Stylisten den Wunsch nach Selbstständigkeit verspüren. Dicker merkt an, dass immer mehr Stylisten die Option nutzen, Plätze in Salons zu mieten, statt fest angestellt zu sein. Dies verwandelt Salons in "Glanzvermieter", die die nächste Generation von Auszubildenden und Lehrlingen nicht unterstützen.

Schlussendlich warnt ein Bericht der NHBF, dass diese Entwicklung den bereits bestehenden Fachkräftemangel in der Branche verschärfen könnte.

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